Psst … wusstest du, dass die Schweizer Haushaltsverschuldung trotz niedriger Staatsverschuldung zur höchsten der Welt gehört? Hier ein kurzer Einblick:
 
  • 11.5% der Schweizer Haushalte kämpfen mit mindestens einem Zahlungsrückstand, wobei kritische Lebensereignisse, Arbeitslosigkeit und hohe Krankheitskosten oft die Hauptursachen darstellen.
  • Die Top-Schuldenquellen: Steuerforderungen, Krankenkassenprämien und Gesundheitskosten dominieren als grösste Schuldenfallen.
  • Finanzielle Hürden wie Pfändungen und die Komplexität des Privatkonkurses verschlimmern die finanziellen Sorgen vieler Betroffener.
  • Schuldenberatungsstellen leisten unverzichtbare Unterstützung, indem sie Betroffenen helfen, ihre Optionen zu verstehen und effektive Lösungswege aufzuzeigen.
  • Gute vs. schlechte Schulden: Moderne Finanztheorien unterstreichen den Unterschied zwischen produktiven Schulden, die langfristige finanzielle Ziele fördern, und konsumgetriebenen Schulden, die keinen langfristigen Mehrwert bieten.
Was kommt dir zuerst in den Sinn, wenn du an die Schweiz denkst? Käse, Berge und Schokolade – logisch, oder? Laut Statistik müssten es aber die Schulden sein! What? Im Land des Superfrankens? Ja, du hast richtig gelesen, denn obwohl die Schweiz ein Musterbeispiel für niedrige Staatsverschuldung ist, ist die Verschuldungsquote der privaten Haushalte hierzulande eine der höchsten weltweit. Tendenz steigend.
So, und während du dich jetzt wieder auf den Stuhl setzt, von dem du gerade runter geplumpst bist, schlagen wir dir vor, mal ganz von vorn anzufangen: Diesen ersten Teil unserer dreiteiligen Artikelserie widmen wir diesem heiklen Thema im Allgemeinen: Was sind Schulden eigentlich und wie ist die Lage in der Schweiz?

Was sind Schulden und wie gerät man in die Schuldenfalle?

Schulden vs. Verschuldung vs. Überschuldung
Beginnen wir mit einer klaren Definition, indem wir tiefer in das Konzept der Schulden in der Schweiz eintauchen. Dies ist nicht nur ein trockenes Thema für Finanznerds, sondern eine Angelegenheit, die jeden betrifft – ja, auch dich, der du gerade überlegst, ob du dir die nächste teure Smartwatch wirklich leisten solltest.
Lass uns zuerst mal Ordnung in den Wortsalat bringen, denn Schulden sind nicht dasselbe wie Verschuldung oder Überschuldung. Das deutsche Wort «Schuld» bedeutet zunächst einmal nur «Verpflichtung zu einer Leistung» und in unserem konkreten Fall bedeutet «bei jemandem Schulden haben/machen», dass man (geliehenes) Geld rückerstatten muss. Wenn du den Banker deines Vertrauens fragst, was Schulden sind, wird er dir sagen, dass es sich dabei um finanzielle Verpflichtungen eines Schuldners seinem Gläubiger gegenüber handelt. Das können Kredite sein, unbezahlte Rechnungen und natürlich auch Verbindlichkeiten bei der lieben Steuer. So gesehen hat jeder Mensch, der eine Hypothek oder eine Kreditkarte hat, Schulden, und normalerweise zahlt man sie Monat für Monat ab.
Verschuldung bedeutet eigentlich dasselbe wie Schulden, aber oft schwingt hier aber schon das Element der übermässigen finanziellen Belastung mit. Schulden oder eine Verschuldung sind total unproblematisch, solange das monatliche Budget ausreicht, um die Rechnungen zu bezahlen.
 
Der Sprung in die Überschuldung passiert dann, wenn plötzlich mehr Geld ausgegeben als eingenommen wird, und hier beginnt das Drama. Die Überschuldung ist der dunkle Lord der Finanzwelt, der mit seinem Todesgriff nach dir greift und nicht mehr loslässt. Das kann schnell gehen, vor allem in der heutigen Zeit, wo alles nur einen Mausklick entfernt ist. Ein unerwarteter Jobverlust, eine teure Scheidung, eine langwierige Krankheit – und zack, bist du schneller in den roten Zahlen, als du bis drei zählen kannst.

Die Schweizer Schuldenlandschaft: Eine Momentaufnahme

Die Schweizer Schuldenlandschaft – klingt wie ein idyllisches Ölgemälde mit hübschen kleinen Hütten und grasenden Kühen, oder? Nun, das Bild, das wir heute malen, sieht etwas anders aus. Gemäss dem Bundesamt für Statistik lebte 2021 jede achte Person (11.5%) in einem Haushalt mit mindestens einem Zahlungsrückstand; bei 5% sind es mindestens zwei Rückstände. Laut Wirtschaftsauskunftei CRIF waren 2023 in der Schweiz 542’794 Personen in der Schuldenspirale gefangen, was einer Quote von 6% entspricht. Ausserdem nimmt die Anzahl der Betreibungen weiter zu, und immer mehr Menschen können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen.
Aus dem im Juni 2023 veröffentlichten Jahresbericht des Dachverbandes Schuldenberatung Schweiz geht hervor, dass die Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen am stärksten vertreten ist und es sich bei diesen Personen meist um Alleinstehende oder Alleinerziehende handelt.
Der Bericht zeigt weiter, dass zwei Drittel aller Betroffenen mit grossen Geldsorgen in der Höhe eines Jahreseinkommens belastet sind (der Mittelwert liegt bei ca. 67’000 CHF). Ein Drittel ist mit mehr als einem Jahreseinkommen verschuldet. Knapp 8% stehen mit mehr als drei Jahreseinkommen in der Kreide.

Die häufigsten Ursachen?

Das Stigma, das oft auf Schuldner*innen lastet, ist, dass sie luxuriös und über ihre Verhältnisse leben und ihre Misere selbst zu verantworten haben. Wie die Statistik der Schuldenberatung Schweiz zeigt, kommt das vor, ist aber eher die Ausnahme. Kauf- und Spielsucht führen mit je knapp 7% relativ selten zur Überschuldung. Die eigentlichen «Sündenböcke» sind Lebenskrisen (Trennung, Arbeitslosigkeit, gesundheitliche Probleme etc.), überwiegend verbunden mit administrativer Überforderung und Working-Poor-Situationen, in denen Menschen mit geringem oder unsicherem Einkommen an der Armutsgrenze leben. Bei jungen Menschen steht die Verschuldung oft auch im Zusammenhang mit dem Auszug aus dem Elternhaus. Statistiken zeigen einen Anstieg der Betreibungen um das 70-fache nach Erreichen der Volljährigkeit.

Und die grössten Schuldenfallen?

Steuernachforderungen, Krankenkassenprämien und Gesundheitskosten führen die Liste an, dicht gefolgt von Barkrediten und Kreditkarten. Während bei den Steuern die höchsten Schuldenbeträge zu beobachten sind, kommt es bei der Krankenkasse am häufigsten zu Betreibungen. Für Jugendliche kam bis vor Kurzem erschwerend hinzu, dass sie ab dem 18. Lebensjahr, also mit der Volljährigkeit, die Krankenkassenschulden ihrer Eltern erben konnten. Inzwischen wurde das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) revidiert und diese unliebsame Erbschaft gehört der Vergangenheit an. Was das bedeutet? Dass viele von uns – vielleicht auch du – in eine Situation geraten könnten, in der die monatlichen Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Ein Rutsch auf der finanziellen Abwärtsspirale, der schwer zu stoppen ist.
Doch es gibt Hoffnung! In der Schweiz gibt es zahlreiche Beratungsstellen und Organisationen, die Menschen in finanziellen Schwierigkeiten unterstützen. Sie bieten wertvolle Ressourcen und Beratung, um den Weg aus der Schuldenfalle zu finden. Aber bevor wir uns näher damit beschäftigen, lass uns noch tiefer graben und verstehen, warum so viele Menschen in diese Situation geraten.

Good Debt vs. Bad Debt: Der feine Unterschied

Die Guten ins Töpfchen, die Troublemaker ins Kröpfchen
Du sagst «Schulden sind Schulden» und hast bisher nur Negatives darüber gelesen? Klar, dann ist es schwer zu glauben, dass es da draussen auch Verbindlichkeiten gibt, die dir nach neuesten Finanztheorien das Gegenteil von böse wollen. Die Idee dahinter ist, dass gute Schulden dir helfen können, deine langfristigen finanziellen Ziele zu erreichen oder dir potenzielle finanzielle Vorteile bieten. Es handelt sich dabei um sogenannte Investitionsschulden, die einen finanziellen Mehrwert in Form von Einkommens- oder Vermögenszuwachs generieren können. Meistens hat diese Spezies auch niedrigere Zinssätze, da der Wert der Investition steigt. Schlechte Schulden hingegen entstehen durch den Konsum von nicht notwendigen Dingen oder für kurzfristige Ausgaben. In der Regel belasten diese nicht nur dein Konto durch hohe Zinsen, sondern auch dein Gemüt und du solltest sie, wenn möglich, vermeiden oder zumindest begrenzen.

Die Guten

  • Bildungskredite: Sie verhelfen dir üblicherweise zu besseren beruflichen Qualifikationen und du erhöhst somit deine Chancen auf ein höheres Einkommen.
  • Immobilienkredite: Sie sind in der Regel die «guten Jungs», auch wenn sie mit einer Hypothek verbunden sind, da Immobilien in der Regel an Wert gewinnen und langfristige finanzielle Stabilität bieten können.
  • Geschäftskredite: Sie ähneln den Bildungskrediten, da sie mehr Einkommen generieren können und Wachstumspotenzial bieten. Langfristig können sie daher profitabel sein.

Die Troublemaker

  • Kreditkartenschulden: Wenn du deine Kreditkarten überstrapazierst und die monatlichen Raten nicht vollständig bezahlen kannst, können die hohen Zinsen dieser Kreditart in die Schuldenspirale führen.
  • Kurzfristige Konsumkredite: Ferien auf den Malediven? Das neue, teure Smartphone? Wenn du dafür einen Kredit aufnehmen musst, solltest du dir darüber im Klaren sein, dass dieser langfristig keinen Nutzen bringt und in eine finanzielle Sackgasse führen kann – oft schon allein deshalb, weil der gekaufte Gegenstand bereits nach kurzer Zeit einen erheblichen Wertverlust erleidet (ein Neuwagen kann im ersten Jahr bis zu 25% seines Anschaffungswertes verlieren).
  • Kauf auf Raten: Klingt verlockend! Du kaufst dir die teure Designerrobe, zahlst sie aber in Raten ab. Kann man machen, aber die hohen Zinsen meinen es auch hier nicht gut mit dir. Ausserdem neigt man dazu, mit diesem Kaufverhalten über seine Verhältnisse zu leben.
  • Kontoüberziehungen: Auch sie gehören zu den «Bad Guys», denn erstens kommt dich eine Kontoüberziehung bei den meisten Banken teuer zu stehen und zweitens werden ohnehin schon rote Zahlen nur noch roter.

Wo gibt’s Hilfe? Unterstützung auf dem Weg aus den Schulden

Wenn der Schuldengeier einmal seine Kreise zieht und dich im Visier hat, dann lässt er sich in der Regel nicht mehr so schnell abschütteln. Die traurige Realität in der Schweiz, dem Land, in dem Eigenverantwortung gross geschrieben wird, sieht leider so aus, dass die Schuldensanierung, also die vollständige Rückzahlung der finanziellen Verpflichtungen, gar nicht so einfach ist. Egal, wie man in die finanzielle Schieflage geraten ist – auch das System trägt zur Abwärtsspirale bei. Beispiel Pfändung: Wenn du gepfändet wirst, lebst du am Existenzminimum, aber deine Steuern werden nicht auf dieses Existenzminimum angerechnet. Nach Adam Riese ist es also unmöglich, diese zu tilgen. Nicht logisch, oder? Du denkst dir: «Dann melde ich einfach Privatkonkurs an?» – Auch das ist nach dem Schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG) oft mit enormen Hürden verbunden. So kann es vorkommen, dass Betroffene chronisch verschuldet sind, also ein Leben lang mit dem Existenzminimum und der Schuldenlast leben müssen. Von Seiten des Gesetzgebers besteht daher dringender Handlungsbedarf. Das effektivste Sanierungsverfahren wäre die so genannte Restschuldbefreiung, die es in der Schweiz so noch nicht gibt. Sie würde den Betroffenen einen Neuanfang bzw. eine zweite Chance ermöglichen.

Schuldenberatung: Ein erster Schritt zur finanziellen Freiheit

Wenn du im demütigenden Dickicht des Schuldendschungels herumtappst und da alleine nicht mehr rauskommst, könnte die Schuldenberatung eine erste Anlaufstelle sein. Qualifizierte Fachpersonen helfen dir, eine klare Übersicht über deine Situation und deine Möglichkeiten zu gewinnen und eine individuelle Lösung zu finden. Auf der Website schulden.ch (Deutschschweiz) oder dettes.ch (Westschweiz) findest du die Nummer der Hotline und eine Liste der Anlaufstellen für jeden Kanton.

Schuldenprävention: Mach dich schlau, bevor’s knallt!

Nachdem wir nun einen Einblick in die Basics erhalten haben, ist es an der Zeit, uns praktischen Lösungen zuzuwenden. Wie navigiert man durch die komplexen Herausforderungen der Schuldenbewältigung in der Schweiz? Keine Sorge, wir sind hier, um zu helfen. Wir haben eine Reihe von Tipps und Strategien zusammengestellt, die nicht nur dabei unterstützen, finanziell über Wasser zu bleiben, sondern auch, langfristig Geld zu sparen. Bleib am Ball für Teil 2 unserer Serie, den wir der Schuldenprävention, Budgetierung und finanzieller Planung widmen, und natürlich wird der dritte Teil die brennende Frage beantworten, wie man aus den Schulden herauskommt. Ziel ist es nicht nur, Schulden zu vermeiden, sondern auch, ein finanziell gesundes und stressarmes Leben zu führen. Und das ist etwas, was wir alle anstreben sollten, nicht wahr?